Algarve: Lagunenparadies für Naturliebhaber
Geschützt durch Lagunen, ist der Osten der Algarve zwischen Faro und der Grenze zu Spanien noch ein eher ruhiges Urlaubsziel.
Vor der Algarveküste in Portugal erstreckt sich zwischen Ancão und Manta Rota über 60 Kilometer der Naturpark Ria Formosa, ein Feuchtgebiet mit kleinen Inseln und Kanälen. Ein Paradies für Naturliebhaber, Spaziergänger, Fahrradfahrer, Vogelbeobachter, Sonnenanbeter und Ruhesuchende. Gebadet wird auf den Inseln, die vorgelagert das Festland und die Lagunen vom offenen Atlantik trennen. Diese Region ist besonders geprägt vom Thunfischfang, der an der Algarve auf eine lange Tradition zurückblickt. Bereits die Römer und Mauren waren begeistert von dem edlen Fisch. Nach der christlichen Rückeroberung unterlag das Fangrecht der portugiesischen Krone. Etwas später siedelten sich Fischer aus Sizilien und Genua an der Algarve an, die den portugiesischen Fischern ihre Art des Fischfangs lehrten. Während der Zeit des Marquês de Pombal, im 18. Jahrhundert bis in die 70er Jahre dauerte die goldene Zeit des Thunfischfangs. An der Mündung, wo der Rio Gilão in den Atlantik fließt, wurde in den 30er Jahren ein Dorf als Thunfischfangstation errichtet, in dem die Arbeiter während der Saison wohnten. Der Ort war mit Bedacht gewählt: Der Thunfisch schwimmt zum Laichen zwischen April und September an der Küste entlang Richtung Mittelmeer. Sein Rogen ist wertvoll. Um Thunfisch im großen Stil zu fangen, entfielen herkömmliche Fangmethoden. In den Lagunen platzierten die Fischer ein Labyrinth aus Netzen, die zu Fallen wurden. Die größten Exemplare können bis zu 300 Kilogramm schwer werden. Im Dorf bewohnte jeder Fischer ein Haus mit seiner Familie. In der Mitte befanden sich die Kirche, die Bäckerei und eine Schule. Als die goldene Zeit vorbei war, blieb der Komplex über zwei Jahrzehnte unbewohnt, fast vergessen. Bis die Hotelgruppe Vila Galé das Gelände übernahm und um die Jahrtausendwende zu einem Hotel namens Vila Galé Albacora umbaute. Es ist seit jeher Teil des Hotelkonzepts, Regionen und deren Geschichte thematisch in interessante Gebäude zu integrieren und diese in eine neue Verwendung zu führen. Die Hotelgruppe trägt damit zur Rehabilitation des Kulturerbes bei. Hier, nahe der Ilha de Travira, ist dies besonders gut gelungen. Die ehemaligen Fischerhäuser sind zu Hotelzimmern umgebaut, der Kidsclub ist in der ehemaligen Schule der Fischerkinder untergebracht. Im Hotelmuseum, früher die Bäckerei, ist die Geschichte des Fischfangs anschaulich dargestellt.
Fotos: ©Vila Galé
Der Dorfcharakter ist durch die niedrigen und langen Gebäude auch heute noch gut erkennbar. Am Steg vor dem Hotel geht mehrmals täglich ein Boot hinüber zur Ilha da Tavira. In wenigen Minuten stehen wir auf der kilometerlangen vorgelagerten Sandbank, ein Paradies für Sonnensuchende und Strandspaziergänger. Einige Bars befinden sich gleich nahe dem Ableger, danach gibt es nur noch Strand, Muscheln und Meer. Mehrere Kilometer ist diese Sandbank lang, ausreichend für lange Spaziergänge sowie Spiel und Spaß am Strand.
Wir treffen Diana, unseren Cityguide, in Tavira und unternehmen einen Rundgang durch die schmalen Gassen mit Kopfsteinpflaster. Es ist der nächste größere Ort an der Küste. Traditionell geflieste Häuser leuchten farbenfroh und säumen das Ufer, Geschäfte, Restaurants und Cafés freuen sich auf Besucher. Die ehemalige Markthalle bietet Platz für kulturelle Veranstaltungen bei schlechterem Wetter, an schönen Tagen und lauen Abenden sorgen Künstler draußen auf dem großen Platz nahe der Steinbrücke für Unterhaltung. Diana lädt uns ein, den Ankerfriedhof auf der Praia de Barril zu besuchen. Wir fahren nach Santa Luzia, überqueren den Kanal und wandern auf dem schmalen Pfad durch Sumpfgebiete und Zedernbäume. Alternativ führt eine Schmalspurbahn durch das Gelände, ebenfalls ein Relikt aus früheren Thunfischfangzeiten. Auf der Insel – ebenfalls eine riesige Sandbank - angekommen, treffen wir hinter den Gebäuden recht bald auf das Areal der rostigen Anker. „Sie stammen von den Fischern, die ihr Handwerk irgendwann ‚aufgaben‘“, erklärt Diana. Die vielen Anker stehen aufrecht in den Dünen und dienen als Erinnerung an das schwere Handwerk.
Fot0s: © Algarve Tourism Bureau
Wie sich das Gelände durch Ebbe und Flut verändert, ist besonders interessant bei einer Bootstour (ab Fuzeta) durch die Lagunenwelt Ria Formosa zu beobachten. Wind, Strömungen und Gezeiten formen den ständigen Wandel. Ohne Motor kommen wir den vielen seltenen Wattvögeln wie das Purpurhuhn, den schwarzen Enten und Löffelreihern, die teilweise auch nur auf Durchreise sind, sehr nah. Dennoch ist es ratsam, ein Fernglas mitzunehmen. Wo gerade noch eine schmale Sandbank zu sehen war, spülen wenige Minuten später leichte Wellen über die Stelle. Die Sandläufer haben sich schnell einen anderen Platz gesucht. Überhaupt zählt Portugal zu den besten Zielen Europas für die Vogelbeobachtung, sagen die Insider. Die biologische Vielfalt machen die Ria so beeindruckend. Seiden- oder Graureiher, Kormorane, Austernfischer, Säbelschnäbler, Sandregenpfeifer, Steinwälzer, Uferschnepfen, Alpenstrandläufer oder Zwergseeschwalben, um nur einige der gefiederten Freunde zu nennen. Die Lagunen und die Kanäle dieses einzigartigen Ökosystems sind eine natürliche Aufzuchtstation für verschiedene Wasserspezies und stellen den Lebensunterhalt vieler Fischer und Muschelzüchter. Die Gewässer der Ria Formosa, übrigens eines der sieben Naturwunder Portugals, eignen sich bestens für die Austernzucht. In niederen Gewässerzonen sehen wir die ‚Mesas‘, das sind kleine Tische, auf denen die Austern in feinmaschigen Netzen liegen. Bei Flut erkennt man die Zuchtnetze an den aus dem Wasser ragenden Stöcken.
Auf dem Weg zurück ins Hotel, das inmitten des Naturschutzgebietes liegt, entdecken wir Flamingos, Säbelschnabler und Löffler. Sie stehen in den Salinen links und rechts des Weges. In warmen, windstillen Sommernächten entstehen hier die feinen Salzkristalle, Fleur de Sel. In Handarbeit werden sie mit einer feinen Siebschaufel abgetragen. Der Spaziergang durch die Sumpfgebiete über die schmalen Dämme wird mit Nichts als Ruhe und Vogelgezwitscher begleitet.
Wir fahren in westliche Richtung. Albufeira mit seinem lebhaften Nachtleben sollte man ebenso gesehen haben wie die internationale Marina von Albufeira, bei Armação de Pera befindet sich eine kleine Kapelle Ermida Nossa Senhora da Rocha, die auf einem spitzen Felsvorsprung im Meer steht. Und die Freunde des Golfsports sollten nicht vergessen, dass in der Umgebung jede Menge bestens gepflegter Greens zum Abschlag bereitstehen. Oder sich vielleicht doch mit dem Surfbrett auf dem Wasser versuchen? Mauro vom Albufeira Surf&SUP hilft Anfängern, Groß & Klein, die perfekte Welle zu surfen. Wind- und Kitesurfen, beim Wasserskilaufen oder Wakeboarden, Segeln oder Tauchen – es bieten sich diverse Möglichkeiten, den Atlantik zu erleben.
Nach all den Möglichkeiten entspannen wir im komfortablen Boutique-Hotel Vila Galè Collection Praia, das nur wenige Meter vom Galé-Strand liegt. Im hübsch angelegten, großen Garten des Adults Only-Haus der Vila Galé-Gruppe befindet sich ein Pool in absolut ruhiger Umgebung, daneben der hauseigene Tennisplatz. Die Seele kann man im Wellnessbereich baumeln lassen. Sauna und Dampfbad, ein riesiger Whirlpool, ein mit modernen Geräten ausgestatteter Fitness-Raum sowie ein Yoga-Raum stehen bereit. Die Marke ‚Collection‘ hat die Hotelgruppe 2020 ins Leben gerufen. Diese Auszeichnung tragen derzeit sechs Häuser und weisen damit ihre besondere Lage oder das individuelle Hotelkonzepte aus.
Auch wenn wir das ruhige Areal mit hervorragender Küche eigentlich gar nicht verlassen möchten, lohnt es sich immer, die Umgebung zu erkunden. Im Hinterland der Algarve liegt der reizende Ort Loulé. Im Mittelpunkt der maurischen Bauten steht die Markthalle, die Mercado Municipal de Loulé. Samstags findet dort der Wochenmarkt statt, Händler bieten ihre Spezialitäten aus der Region an. Ein Treiben, dem man auch einfach von einem der umliegenden der Cafés zusehen kann. In den Gassen um den Markt gibt es zahlreiche kleine Handwerksbetriebe, die z.B. Ton- und Lederwaren herstellen und verkaufen. Unterhalb von Loulé stieß man in den fünfziger Jahren auf ein riesiges Salzvorkommen. Zufall, denn Landwirte waren eigentlich auf der Suche nach neuen Weideflächen.
Bei Bohrungen, die Quellen aufdecken sollten, stieß man auf salzhaltiges Wasser. So begann man mit dem Bau des Bergwerks, um das Mineral abbauen zu können. Im Rahmen einer Führung entdecken wir das riesige Areal. Debora, unser Guide, erklärt, als wir in eine Art Gitterfahrstuhl steigen: „Und nun geht es erst einmal 230 m hinab“. Unten angekommen, laufen wir durch Tunnel und Gänge, kommen vorbei an alten Baumaschinen, um die sich eine deutlich sichtbare Salzkruste rankt. Ein mystischer Ort, der uns gleichzeitig einen Blick in die Vergangenheit erlaubt. Debora: „Berechnungen zufolge befand sich hier vor über 200 Millionen Jahren das Meer“. Die höchste Jahresproduktion der Mine, 1989, betrug über 124.000 Tonnen Steinsalzerz mit einer Qualität, ausgedrückt in der Menge an Natriumchlorid, NaCl, mit einem Wert von mindestens 93,5 %. An Schienen und Förderbändern entlanggehend, bewundern wir die Formationen, die durch den Abbau des Salzes entstanden sind. Die Führung endet bei der ständigen Ausstellung der Heiligen Santa Barbara, Schutzpatronin des Bergleute. Die sakrale Kunst stellt eine wertvolle kulturelle Sammlung dar. Die wertvollsten Exponate stammen aus der Sammlung des Bergbauingenieur Fernando de Mello Mendes, Professor am Instituto Superior Técnico in Lissabon.
Wer bisher einen Bogen um den lieblichen Portwein machte, sollte die Gelegenheit im Land seines Ursprungs nutzen und ihn doch einmal probieren. Echter Portwein, der Name ist gemäß internationalen Handelsbestimmungen geschützt, stammt immer aus Portugal. Genauer gesagt aus der Douro-Tal. Der Vintage Port besitzt die höchste Qualitätsstufe. Gute Jahrgänge zählen zu den langlebigsten Weinen. Entsprechend lang in der Flasche gelagert, entwickelt er seinen vollen, reifen Geschmack. White Port wird vor dem Essen und gekühlt serviert, Ruby Ports begleiten den Nachtisch.
von Susanne Reuter, November 2022