Gipfelglück auf Mallorca
Entlang der Küste oder im Tramuntana Gebirge, das Wandern auf Mallorca ist vielseitig und anspruchsvoll
Am Leuchtturm Far del Cap Gros von Port de Sóller starten wir unser „warm-up‘. Eine sportliche Wanderung entlang der Küste, über die Bens d’Avall und Lluc Alcari bis in die Bucht von Deiá. Keinesfalls ist das Terrain zu unterschätzen. Der Weg ab dem Leuchtturm ist nicht beschildert, wir können ihn aber auch nicht verpassen, denn durch das wilde Gelände führt nur dieser eine Pfad. Unsere Wikinger-Reiseleiterin, erfahren und trainiert, checkt unsere Ausrüstung, gibt uns Tipps und damit Sicherheit. Ausgangspunkt unserer ersten Tour ist Deiá. Atemraubende Aussichten locken den Blick in die Ferne, es ist jedoch ratsam, die Augen auf den Weg zu richten, um größeren Steinen und Gehölz ausweichen zu können. Doch auch hier am Wegesrand entdecken wir die Schönheit der Natur. Märzenbecher, Wolfsmilch, Affodill und Zistrosen blühen um die Wette. Die Mischung aus Kiefernwäldern, Olivenbäumen und zarten Blüten entlang der wilden Nordwestküste mit ihren auf türkisblaue Badebuchten machen die Wanderung zum Hochgenuss.
Richten wir den Blick ins Landesinnere, zeigt sich die Serra de Tramuntana in voller Pracht. Das Gebiet wurde im Jahr 2011 zur UNESCO Weltkulturlandschaft ausgezeichnet. Über 90 km Länge, vom Südwesten bis zum Nordosten Mallorcas, zieht sich dieser beeindruckende Höhenzug mit mehr als einem Dutzend über 1.000 Meter hohen Bergen. Der Höchste ist der Puig Major, mit 1.445 Metern. Auf dem Gipfel, ein nicht zugängliches Militärgebiet, steht ein gigantisches Radargerät, das das westliche Mittelmeer und Teile Nordafrikas überwacht. Der gesamte Tramuntana-Gebirgszug besteht überwiegend aus Kalkgestein, das durch die Einwirkung von Wasser zu einzigartigen Karstformationen modelliert wurde.
Der Puig Balitz, der sogenannte Hausberg Port de Sóllers, ist unser Ziel am nächsten Tag. Den Gipfel erklimmen wir nicht, wir umrunden ihn. Diese Variante mit Kletterpassagen ist anspruchsvoll genug. Wir nehmen die nördliche Route, Köhlerplätze, Mauerreste und ein gut erhaltener Lehmbackofen erinnern an die Zeiten als die Region noch bewohnt war. Durch einen Steineichenwald steigen wir auf. Wir erklimmen den Sattel, die Sonne strahlt uns entgegen. Über einem Wachturm entdecken wir Mönchsgeier, die sich in der Thermik treiben lassen. Bis zu drei Meter Flügelspannweite und bis zu 12 kg Körpergewicht zählen sie zu den größten Vögeln Europas. Wir lassen die Blicke durch die weite, ruhige Landschaft ziehen, laufen vorbei an schroffen Felsbrocken und queren ein kleines Tal, um über den Pass die letzte Steigung über Kletterpassagen zu erreichen. Vor uns zeigt sich die Bucht von Sóller, wir steigen über Terrassenhänge hinab ins Tal.
Am darauffolgenden Tag fahren wir zum Stausee Cúber. Ganz in der Nähe liegt der zweite Stausee Gorg Blau, beide dienen der Trinkwasserversorgung der Inselhauptstadt Palma de Mallorca. Der untere Uferweg führt uns zum Aufstieg auf den ersten Gipfel Sa Rateta mit 1.113 Metern. Unsere Gruppe kommt in einen perfekten Flow, langsam wie eine Karawane ziehen wir Schritt für Schritt hinauf. Oben angekommen, genießen wir eine grandiose Fernsicht, blicken von Gipfel zu Gipfel, über dünn besiedelte Täler bis zur Küste und auf den Staudamm sowie den Puig Major. Nach kurzer Pause geht es weiter, über einen kurzen steilen Abstieg durch Geröll steigen wir erneut auf zum Na Franquesa auf 1.067 Meter. Von diesem Gipfel aus geht es erneut steil hinunter, über eine begrünte Hochfläche und wir schreiten hinauf zu unserem letzten Anstieg auf den bis fast zum Gipfel bewaldeten Puig de l’Ofre. Wir haben die drei Tausender in einem Stück und das absolute Hochgebirgs-Highlight von Mallorca geschafft. Unser Gipfelglück genießen wir bei einer wohlverdienten Pause. Denkbar wäre ein Abstieg über die Schlucht Barranc de Biniaraix bis zum gleichnamigen Ort. Wir aber nehmen die Route durch das Tal Bini Morat. Ziegen, Schafe und Esel begegnen uns bis wir das Ende des Stausees erreichen und an der Seeseite zurück zum Ausgangspunkt wandern.
Bekannt ist Valldemossa, ein kleiner Ort mit knapp 2.000 Einwohnern, durch den Komponist Frédéric Chopin, welcher hier gemeinsam mit der französischen Autorin George Sand den Winter 1838/39 verbrachte. Sand schrieb ihre Erinnerungen an diese gemeinsame Zeit im Kartäuserkloster in ihrem Roman „Ein Winter auf Mallorca“ auf. Valldemossa ist zudem die Geburtsstadt der berühmten Heiligen Mallorcas, der Catalina Thomás. Aufwändig gestaltete Kacheln erinnern an das Leben der Heiligen, die hier so sehr verehrt wird. Am Ortsrand finden wir unseren Einstieg zum Reitweg, den der Habsburger Erzherzog Ludwig Salvator im 19. Jahrhundert anlegen ließ. Zunächst führt der Weg durch ein Gebiet der ‚Vereinigung Muntanya del Voltor‘, die sich der nachhaltigen Landschaftspflege widmen. Hinauf geht es durch den Steineichenwald, wo wir abermals gut erhaltene Köhlerplätze und Mauerreste entdecken. Nach etwa 500 Höhenmeter erreichen wir die Hochebene der Tramuntana. Belohnt werden wir mit atemberaubenden Ausblicken über die ganze Insel, während wir dem heftigen Gebirgswind ausgesetzt sind. Besonders hübsch ist die Passage „Cami de S'Arxiduc“, Schwindelfreiheit ist unabdingbar. Der Abstieg erfolgt über die Nordkante durch steile Hanglagen des Steineichenwaldes. Trittsicherheit ist hier Voraussetzung, Äste und Stämme bieten zusätzlichen Halt. Nach über 800 Höhenmeter Abstieg und insgesamt über 10 km Strecke erreichen wir Deiá. Ab hier existiert Anbindung zum öffentlichen Nahverkehr in mehrere Richtungen. Wer noch Kraft hat, kann über die Serrata d’Alfabia bis nach Sóller weiterlaufen, muss aber entsprechend viel Zeit und weitere Höhenmeter einplanen.
Unsere letzte Wanderung führt uns von Biniaraix über einen Pilgerpfad durch die Schlucht Barranc de Biniaraix, ein Trockensteinparadies. Der Weg ist gut begehbar, in höheren Lagen entdecken wir gepflegte Terrassen mit uralten Olivenbäumen. Sehr knorrige, verschlungene Stämme charakterisieren die mallorquinischen Art. Erneut haben wir die Gipfelkette mit dem bewaldeten L’Ofre im Blick, biegen dann aber nach diverse Kehren nach rechts hinauf auf den Puig de Cornador. Knapp unterhalb des Gipfels befindet sich eine Schutzhütte, von dort sind es nur noch wenige Meter bis zum Gipfel des Puig Cornador Gran. Geschafft! Wir lassen bei einem typisch mallorquinischen Picknick unsere Wanderreise Revue passieren, von diesem Gipfel haben wir einen perfekten Rundblick auf die Highlights unserer Reise: In nördlicher Richtung liegt Sóller und Port de Sóller, nordwestlich das Küstenwandergebiet und die Hochebene des Cami de s’Arxidue, nordöstlich zeigt sich der Balitx und südöstlich blicken wir auf die 1000er-Kette, nahe des Stauseengebietes.
von Susanne Reuter, März 2020
Trip Tipps:
Trittsicherheit, Ausdauer und Kondition sind Voraussetzungen, die trainierbar sind. Die Wegbeschaffenheit auf Mallorca ist nicht zu unterschätzen. Tipps hierzu geben verantwortungsbewusste Reiseveranstalter.
Dank des mediterranen Klimas kann man auf Mallorca ganzjährig Urlaub machen. Aufgrund hoher Temperaturen im Sommer sind der Frühling und Herbst ideal zum Wandern.
Der GR 221 ist ein Wanderweg auf Mallorca, der die Gebirgskette "Serra de Tramuntana" im Nordwesten der Insel durchquert.
Geführte Wanderreisen über die Tramuntana, aber auch weltweit, bietet Wikinger-Reisen unter www.wikinger-reisen.de.
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