Auf Hemmingways Spuren: Euskadi
Euskadi – wie die Basken ihr Land nennen - liegt zwischen dem Norden Spaniens und dem Südwesten Frankreichs. Mit einer eigenen Sprache, eigenständigen Kultur und sogar einer eigenen Ballsportart zählt das Baskenland zu den weniger besuchten, grünen Ecken Spaniens.
Auf einer Fläche von etwas mehr als 20.000 Quadratkilometern erstreckt es auf die Provinzen Gipuzkoa, Biskaya und Álava. Wunderschöne Landschaften stehen für nachhaltigen Tourismus.
In der Provinz Biskaya erstreckt sich zwischen den Kaps Matxitxaco und Ogoño über 12 km bis zur südlich gelegenen Stadt Gernika das 1984 von der UNESCO erklärte Biosphärenreservat Urdaibai. Die Vogelvielfalt ist einer der Hauptgründe für einen Besuch dieser Region. Das Urdaibai Bird Center gibt einen Einblick in die verschiedenen Arten. Der Meeresarm bietet ein hübsches Bild: Niedrige Berge gehen in ein Tal über, das in einer breiten Flussmündung ins Kantabrische Meer mündet. Am Flussufer wechseln sich Marschland und Strände ab. Die kantabrischen Eichenwälder (Stieleiche und Zerr-Eiche) leuchten im Herbst aufgrund der Laubfärbung ganz besonders. Die Vielfalt steht für einen idealen Lebensraum für zahlreiche Vögel (Vogelschutzgebiet), Reptilien, Fische und Weichtiere. Neben mehreren Adlerarten und anderen Greifvögeln gehören der Kantabrische Braunbär und der Iberische Wolf zu den bemerkenswerten Tieren der Region.
Zu dieser herbstlichen Jahreszeit zieht mich zurück in den Wald nahe der Gemeinde Kortezubi, in den von Oma. Oder auch Zauberwald oder bemalter Wald genannt. Augustin Ibarrola hat hier sein avantgardistisches Werk vollbracht, das Natur mit Kunst verbindet. Die Werke am Baum entstanden zwischen 1982 und 1985. Zunächst in einem benachbarten Waldstück, bevor die Kunst in 2022 neu aufgelegt wurde. Der Stamm ist die Leinwand für die geometrische Figuren, Tiere und menschliche Körperteile. Eine Farbkomposition auf knapp 50 Bäumen. Ein Leitsystem am Boden führt mich durch eine ungewöhnliche Kunst, die mich sofort anspricht. Besonders gelungen sind die optischen Illusionen. Ziel der bewussten Verbindung von Kunst und Natur war es, die Natur in den Kunstprozess zu integrieren, anstatt sie zu zerstören. Die Bäume bleiben lebendig und das Werk verändert sich mit den Jahreszeiten und dem Wachstum der Bäume. Die Werke des Künstlers überschreiten die Grenzen der klassischen Kunstformen und verbinden politische Aussagen mit künstlerischem Ausdruck und der Natur.
Der Baum von Gernika gilt als das wichtigste Symbol der baskischen Identität. Dort, auf dem Gelände der Casa de Juntas, wo heute eine Eiche steht, versammelten sich im 14. Der Baum symbolisiert die historischen Rechte und Verfassungen der baskischen Provinzen und war ein Ort, an dem wichtige Entscheidungen getroffen wurden. Besonders während des spanischen Bürgerkriegs und der Diktatur von Francisco Franco hatte der Baum eine starke symbolische Bedeutung als Zeichen des Widerstands. Wenn der Baum eines Tages ersetzt werden muss, wird ein Ableger der ursprünglichen Eiche verwendet. Das Gebäude ist eines der ältesten Parlamente Europas und leistete einen wichtigen Beitrag zur Demokratie, lange bevor andere europäische Institutionen folgten. Noch heute finden hier Versammlungen und andere Amtshandlungen des Rates von Biskaya statt. Und noch heute ist der Baum von Gernika ein Symbol des baskischen Widerstands und der kulturellen Unabhängigkeit.
Wenige Meter weiter steht eine Reproduktion, eine Art Tafelbild, von Picassos Werk ‘Guernica’ aus dem Jahr 1997. Als eindringliches Zeugnis menschlichen Leids und künstlerischen Widerstands gegen den Krieg ist das Bild eine Ikone der Antikriegskunst. Es entstand als Reaktion auf den verheerenden Bombenangriff auf Guernica am 26. April 1937 während des Spanischen Bürgerkriegs. In der Stadt gibt es zahlreiche Gedenktafeln und Skulpturen, die an den Angriff und seine Opfer erinnern.
Etwa eine Autostunde westlich liegen die Geopark-Dörfer Mutriku, Geba und Zamaia. Wunderschöne, wenig belaufene Wanderwege führen durch die Region. Der Ausflug an die Küste lohnt sich schon allein wegen der eindrucksvollen Einblicke in die Erdgeschichte. Besonders bekannt sind die fossilen Strukturen in den Kalksteinformationen der Region, die die Erdgeschichte umfassend dokumentieren. Vor allem Zumaia ist bekannt für seine Flyschschichten, eine besondere geologische Formation, die aus einer Abfolge von Sedimentschichten besteht, die sich über Jahrmillionen gebildet haben. Die Formationen wirken fast dramatisch, wie eine steinerne Wand. Die geologischen Schichten an der Küste enthalten Spuren aus der Kreidezeit und dem Tertiär, darunter Kalkstein- und Schieferablagerungen, die eine wichtige Informationsquelle über die Entwicklung der Erde darstellen. Eine Theorie besagt, dass ein Meteoriteneinschlag in Mexiko vor etwa 66 Millionen Jahren Auswirkungen auf das Baskenland und andere Teile der Erde gehabt haben könnte, die zum Aussterben der Dinosaurier führten. Der Einschlag verursachte gewaltige Feuerstürme, Erdbeben und setzte unglaubliche Mengen an Staub und Geröll in die Atmosphäre frei. Dies führte zu einer dramatischen Abkühlung der Erde, dem sogenannten nuklearen Winter.
Von Deba aus folge ich dem ‚Historiaurreko Bailara‘, kurz HAB, was so viel bedeutet wie ‚Vorgeschichtliche Täler‘. Es bezieht sich auf geographische Gebiete, die in der Vorgeschichte, d.h. vor der schriftlichen Aufzeichnung der Geschichte, von Menschen bewohnt oder genutzt wurden. Es handelt sich um ein Freilichtmuseum mit Repliken und Informationstafeln, in dem bedeutende archäologische Funde aus prähistorischer Zeit ausgestellt sind. Archäologische Funde wie Höhlenmalereien, Werkzeuge oder Siedlungsreste geben Einblick in das Leben der Menschen vor der schriftlichen Geschichte. HAB ist eine Einladung, diese spannende Welt zu entdecken.
An den Hängen des Arno liegt das Fischerdorf Mutriku, Geburtsort bedeutender Seefahrer wie Antonio Gaztañeta und Cosme Damián Churruca. Mutriku wurde im 13. Jahrhundert gegründet und bewahrt noch heute seinen mittelalterlichen Kern und Reste seiner alten Stadtmauer. Die engen und steilen Gassen haben ihren eigenen Charme, und der Hafen von Mutriku ist einer der ältesten in Gipuzkoa. Lange Zeit war der Walfang die Haupteinnahmequelle des Ortes, und auch heute noch ist die Fischerei von großer Bedeutung. Das Wellenkraftwerk am Hafen wurde im Juli 2011 eingeweiht und ist die erste kommerzielle Anlage in Europa, die Wellenenergie zur Stromerzeugung nutzt. Die 16 Turbinen mit einer Gesamtleistung von 296 kW nutzen die durch die Wellen komprimierte Luft. Wenn die Welle kommt, dringt das Wasser in die Kammer ein und komprimiert die Luft, die dann mit hohem Druck durch eine Öffnung an der Oberseite austritt. Diese Druckluft treibt die Turbine an, die wiederum den Generator zur Stromerzeugung antreibt.
September 2024, Susanne Reuter
Trip Tipps:
Ardi Beltza in Kortezubi. Feinste Speisen und exzellente Weine zu vernünftigen Preisen. Uxue Landa ist der kreative Kopf der Küche, Galder Madariaga Sommelier und Metré. Beide haben ihr Handwerk in der Sternegastronomie gelernt.
Agroturismo Perlakua Saka, übernachten wie bei den Urgroßeltern auf dem Lande, sakabaserria.com/
Surfen mit dem Profi Surfer Imanol Yeregi, surfingzumaia.com
Museo Balenciaga in Getaria, dem berühmten baskischen Modedesigner Cristóbal Balenciaga gewidmet. cristobalbalen https://www.cristobalbalenciagamuseoa.com ciagamuseoa.com
Talos selber machen in Lastur: Man knete Maismehl, etwas Salz und Wasser zu einem Teig. Eine eigroße Portioin auf ein nasses Baumwolltuch zu einem dünnen Fladen mit der Hand ausklopfen. Diesen dann auf einen heißen Txapa (heißes Metall) legen, nach wenigen Minuten wenden, bis angenehme Bräune entsteht. Danach mit z.B. Chistorra (Würstel) oder z.B. Käse oder Schokolade aufrollen.
Weitere Information unter www.spain.info oder https://tourism.euskadi.eus/en/
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