Lappland: Wer hier ist, findet vor allem Natur
Im Winter wird es nur für kurze Zeit hell. Das Farbspiel nach Sonnenaufgang ist zauberhaft. Doch auch die Nächte bieten wunderbare Lichter.
Eine himmlische Ruhe. Nur das Knirschen des Schnees unter den dicken Stiefeln ist zu hören. Sonst nichts. Gelegentlich kommen uns Wanderer mit oder ohne Schneeschuhen entgegen, stampfen auf dem Pfad durch den Schnee. Dick eingekleidet, so wie alle hier in Lappland um diese Jahreszeit. Die Natur ist so herrlich unberührt, eine tiefverschneite Landschaft breitet sich vor uns aus. Wir durchqueren den Nationalpark Pyhä Luosto. Durch das Moor und die Schlucht führen Holzstege, die treppauf treppab das teilweise unwegsame Gelände durchqueren. Schritt für Schritt befinden wir uns im Gleichklang mit der Natur. Auf Tafeln erfahren wir Wissenswertes über Flora und Fauna. Vor über zwei Milliarden Jahren ist die Fjällkette entstanden, sie gilt als Überbleibsel eines der ältesten Gebirgszüge dieser Erde. Die höchsten Gipfel sind der Noitatunturi mit 540 m und der Ukko-Luosto mit 514 m. Dort oben hat man eine phantastische Sicht über das weitere Land. Wir befinden uns in Finnlands nördlichster Region, die an Schweden, Norwegen, Russland grenzt. Sie ist dünn besiedelt und bekannt für ihre subarktische Wildnis. Das Siedlungsgebiet der Samen, das indigene Volk im Norden Skandinaviens, hat seinen Mittelpunkt hier im hohen Norden. Im Tal liegt die tiefe Schlucht Isokuru und macht deutlich, wie rau früher das Leben der Samen gewesen sein muss. Für sie war das Gebiet Pyhätunturi – übersetzt bedeutet dies heiliger Fjäll – heilig. Sie jagten dort Tiere und sammelten Beeren. 1938 wurde der heutige Nationalpark gegründet. Die Wege sind gut ausgeschildert, dennoch sollte man die Entfernungen nicht unterschätzen. Bei Neuschnee geben Farbtafeln zusätzlich Orientierung. In einigen Abständen befinden sich kleine Unterstände mit Feuerstellen, wo wir uns aufwärmen können.
Dass es im Monat Dezember nur von ca. 10 Uhr bis 14 Uhr dämmrig bis hell ist, ist zunächst ungewohnt, stört aber nicht weiter. Der Pistenbetrieb endet gegen 18 Uhr, bei Flutlicht und beleuchteten Loipen genießen wir wie alle Wintersportler die Landschaft nördlich des Polarkreises. Selbst Motorschlittenfahrten sind im Dunkeln möglich. Wanderer sind mit Stirn- oder Taschenlampen gerüstet. Dafür darf man in dieser Jahreszeit mit Polarlichtern rechnen. Ein raffinierter Service der Region ist der AuroraAlert. Die App gibt eine tägliche Vorhersage über die Wahrscheinlichkeit, Polarlichter zu sehen. Das macht es dem Besucher etwas einfacher, das Spektakel am Himmel zu beobachten. Wir stellen den Servicebutton auf ON und legen uns mit gespannter Vorfreude abends schlafen. Nachts um 1.32 Uhr meldet sich der Alarm, wir springen in die bereit gelegten Schneeanzüge und stürmen zum ausgewiesenen Hotspot. Eile ist angebracht. Am Ausgangspunkt angekommen, erkennen wir Richtung Norden über einem grauen Bogen, wie sich ein kleiner hellerer Streifen darüberlegt. Wenige Sekunden später wird der Streifen größer und die grünfarbige Fläche wird deutlich sichtbar. Die aurora borealis, so die wissenschaftliche Bezeichnung des Nordlichts auf der Nordhalbkugel, zeigt sich in ihrer wunderbaren leuchtenden Schönheit. Diese Erscheinung am Himmel entsteht durch Sonnenwind (Ladungen elektrischer Teilchen werden abgestoßen). Wenn dieser mit hoher Geschwindigkeit in die Erdnähe kommt, wird er vom Magnetfeld der Erde eingefangen und zu den Polen gelenkt. Stößt er mit Luftteilchen zusammen, entsteht das Leuchten. Etwas später mischt sich violette Farbe hinzu. Lautlose Farbflammen tanzen durch die Nacht. Wir liegen im Schnee und beobachten das himmlische Schauspiel. Überglücklich kehren wir zurück.
© Foto: Kairankutsu
Die einzige Hirschart, bei der beide Geschlechter ein Geweih tragen, sind Rentiere. Die Geweihe fallen im Herbst / Winter ab und wachsen im Sommer nach. Rentiere sind äußerst genügsam, fressen Stroh, Gras und Moos, das sie im Winter unter dem Schnee hervorgraben. Die scheuen Tiere können bis zu 320 kg Gewicht haben, die Weibchen tragen acht Monate. In Finnland sind Rentiere reine Nutztiere und halbdomestiziert, sie gehören einem Hirten. Um den Bestand zu zählen und zu markieren, werden sie etwa zweimal im Jahr zusammengetrieben. Der Besuch einer Rentierfarm macht es uns leicht, die Tiere aus nächster Nähe zu studieren.
Eine Samoyed Husky Schlittenfahrt steht am nächsten Tag auf unserem Programm. Mitten im tiefverschneiten Wald erreichen wir mit Motorschlitten die Farm mit Samoyed-Hunden und damit unseren Startpunkt zur Ausfahrt. Die puscheligen freundlichen Gesellen mit ihrem dichten hellen bis weißen Fell begrüßen uns freudig und können es kaum erwarten bis es endlich losgeht. Die Rasse stammt von sibirischen Völkern und wurde früher als Hirtehund eingesetzt. Kraft, Ausdauer und Geschmeidigkeit sowie einen lächelnden Gesichtsausdruck charakterisieren die Samoyed. Ein Start ist gar nicht so einfach. Das meist aus sechs Hunden bestehende Gespann ist mit Leinen an Bäumen gesichert, während unser Guide die Regeln erklärt: Eine Person kann im Schlitten sitzen, eine zweite steht dahinter auf den Kufen. Diese steuert den Schlitten. Mittig hinten befindet sich die Bremse. Auf dieser muss der hintere Passagier so lange fest stehen, bis die Leinen entfernt sind. Mit einem flotten Sprung auf die Kufen geht’s dann los mit dem Spaß. Durch tiefverschneite Seen und über zugefrorene Seenplatten, schier unermüdlich ziehen uns die Hunde durch das Gelände.
© Fotos: Pyhä Luosto Matkailu
Lohnenswert ist der Besuch der Amethystmine in Lampivaara nahe Luosto inmitten eines Nationalparks. Im Winter fährt eine Pendolino Raupe die Gäste auf die Anhöhe zum Bergwerk. Es folgt ein Crashkurs in Halbedelsteinkunde. Typisch für die Varietät des Minerals Quarz ist die Farbe mit einer von sehr hellen, leicht rosafarbenen bis zu einem sehr dunklen violetten Ausprägung. Geschliffen ist der Amethyst beliebt als Schmuckstein. Unser Guide führt uns hinab über eine gut begehbare Treppe in die Grabestätte. Ausgestattet mit einem kleinen Schlägel kann jeder seinen eigenen Glücksstein graben, den er –vorausgesetzt er ist nicht zu groß- mitnehmen darf.
Zum Jahreswechsel ist in Finnland Hochsaison. Die Temperaturen gehen durchaus und nicht nur nachts unter die -20 Grad Grenze. Wenn der Wind auffrischt, verstärkt sich das Kältegefühl. Dennoch empfinden wir die Kälte nicht extrem. Zwischen Dezember und März erleben Besucher ein Winterparadies, im April und Mai sorgt die Frühlingssonne für deutlich längere Tage.
von Susanne Reuter, Januar 2020
Trip Tipps
Direktflug von München nach Kittilä (Finnland) ca. 3.15 Stunden. Danach Transfer nach Pyhä ca 180 km.
Fintouring bietet ein komplettes Paket inkl. Flug, Transfer, Hotel mit HP, das Ausleihen von dicken Wintersachen (Overall, Winterstiefel, Handschuhe) und täglichen Ausflügen an. Ideal für alle, die sich aktiv bewegen wollen und möglichst viel sehen möchten. Auch für die Sommermonate bietet das Unternehmen interessante Reisevarianten und Aktivprogramme an. Mehr unter www.fintouring.de.
Vor Ort kann man bei Bedarf zusätzliche Ausflüge buchen, z.B. bei Pyhä Safaris www.pyhasafaris.com oder bei Kairankutsu www.kairankutsu.fi
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